Landwirtschaftspolitik: Aktuelles

zusammengestellt von Eike Harden aus Pressemeldungen der GRÜNEN-Fraktionen im niedersächsischen Landtag.

In der letzten Woche tagte der Landtag wieder einmal und es gab einige wichtige Beschlüsse, darunter auch zur Landwirtschaft. Ich hatte ohnehin geplant, die Entwicklungen aus den ersten paar Monaten dieses Jahres einmal zusammenzustellen, denn z. B. die Schweinemast in Borstel ist ja auch in Winsen ein wichtiges Thema – an manchen Tagen stinkt es einfach zum Himmel! Auch unsere Bundestagskandidatin Nadja Weippert hat sich die Landwirtschaft als eines ihrer Schwerpunktthemen ausgesucht. Dann aber las ich den Newsletter unserer GRÜNEN-Landtagsfraktion und unsere Fraktionsvorsitzende Anja Piel berichtete davon, dass die CDU erklärt habe, inzwischen gebe es Drohungen gegen Landwirte. Ein bisschen fühlte ich mich an die Legende von den „Öko-Terroristen“ erinnert, die im Unterschied zu anderen terroristischen Bedrohungen jedoch keinen Menschen schaden (in den Staaten wurde schon gegen Umwelt- oder Tierschützer wegen Terrorismus ermittelt, obwohl diese nachweislich keinem einzigen Menschen physisch geschadet hatten). Auch Anja hat darauf recht kühl reagiert, wie unten zu lesen ist. Außerdem gibt es folgenden

Inhalt

Editorial von Anja Piel vom
Antrag zu Antibiotikaresistenzen, Rede von Hans-Joachim Janßen vom
Tierschutz-Verbandsklagerecht, Rede von Miriam Staudte vom
Hinweis auf eine Pressemitteilung anlässlich des Weltwassertages
Wir haben's GlyphoSatt! – Pressemitteilung der niedersächsischen GRÜNEN vom

Das Editorial von Anja Piel

Tierhaltungsbetriebe und Mastställe sind in Niedersachsen immer größer geworden und stoßen zunehmend auf den Widerstand von Anwohnerinnen und Anwohnern. Berichte über Ausbeutung von Menschen, Tieren und der Natur machen Menschen in Niedersachsen skeptisch, ob die Industrialisierung der Landwirtschaft wirklich nur ein Segen ist.

Natürlich können wir GRÜNE diesen Strukturwandel nicht rückgängig machen. Aber es weht ein anderer Wind in Niedersachsen. Rot-Grün fördert Ökolandbau, setzt Standards beim Tierschutz, in der Düngung und bei den Pestiziden. In dieser Woche haben wir das Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände beschlossen.

Und wir reden über die Probleme. Das ist wichtig für alle im Land, auch für die Landwirte, die selbst unter einem unglaublichen wirtschaftlichen Druck stehen, ständig zu expandieren.

In dieser Landtagssitzung kam es nun zu einer Debatte, die mich sehr nachdenklich gemacht hat. Mit großer Vehemenz warfen uns die Fachpolitiker der CDU vor, wir GRÜNE seien schuld daran, wenn Landwirte mit ihren Familien in Niedersachsen angegriffen und gemobbt würden. Ich kenne solche Fälle nicht. Aber klar, persönliche Diffamierungen wären nicht Sinn der Sache. Was es gibt: Jede Menge Kritik an der industrialisierten Landwirtschaft.

Nur sind es nicht allein wir GRÜNE, die kritisch nachfragen. Es sind die Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie setzen sich gegen Stallbauten zur Wehr. Sie haken nach, wenn über Skandale berichtet wird. Sie sind es, die ihren Lebensraum mitgestalten wollen.

Vielleicht zeigt die Debatte einfach, dass sich etwas ändert. Wenn etwas lange als selbstverständlich galt, fühlt sich manchmal auch schon eine kritische Frage wie ein persönlicher Angriff an. Dabei gehört das zur normalen politischen Auseinandersetzung. Und die ist notwendig.

Antrag zu Antibiotikaresistenzen

Rede von Hans-Joachim Janßen, Sprecher für Agrarpolitik, Naturschutz, Forstwirtschaft, Fischerei und Raumordnung

Obwohl wir, glaube ich, allesamt wie wir hier sitzen das Problem erkannt haben; obwohl uns allen bewusst sein dürfte, wie ernst die Gefahr der wachsenden Antibiotikaresistenzen für die Bürgerinnen und Bürger ist, ist es uns doch leider nicht gelungen, unsere unterschiedlichen Anträgen zu diesem Thema zu einen. Wir konnten vor allem deshalb zu keinem gemeinsamen Beschluss kommen, weil Sie das gravierende Problem der Reserveantibiotika nicht konsequent anpacken wollen und sich mit ihren Formulierungen immer wieder Hintertürchen offenhalten! Sie ignorieren die wissenschaftlichen Ergebnisse und medizinischen Warnungen. Für Colistin, das als eines der letztes wirksamen Reserveantibiotika gilt, konnten aus dem Einsatz in der Tierhaltung entstandene Resistenzen weltweit bereits nachgewiesen werden. 2014 wurden 107 t Colistin in Deutschland verbraucht, überwiegend in der Geflügelhaltung! Gerade diese Antibiotika dürfen aber nicht mit der Gießkanne über Mastbetriebe und andere Tierhaltungsbetriebe ausgeschüttet werden. Antibiotika müssen sparsam und ziel­gerichtet eingesetzt werden, um Resistenzen zu vermeiden, so dass sie ihre Wirksamkeit möglichst lange erhalten. Und Antibiotika von besonderer Relevanz für die Humanmedizin müssen daher auch nur dem Menschen vorbehalten sein!

Darüber hinaus wollen wir weitere Antibiotika schwerpunktmäßig dem Menschen vorbehalten, in der Tiermedizin sollen sie nur dann eingesetzt werden, wenn die üblichen Antibiotika hier nicht wirken. Diese 3-Klassen-Einteilung der Antibiotika ist wesentlich, um ein höchstmögliches Maß an Sicherheit für die langfristige Wirksamkeit von Antibiotika zu erhalten.

Im Übrigen besteht ein wissenschaftlich belegter Zusammenhang zwischen dem vermehrten Auftreten von so genannten „Nutztier-assoziierten“ multiresistenten Staphylococcus aureus (MRSA) in Regionen mit einer intensiven Tiermast. Das gilt vor allem für Menschen mit intensivem Tierkontakt aber auch darüber hinaus. Bei Laboruntersuchungen der Fleisch-Stichproben von Aldi, Lidl, Netto, Penny und Real wurden sowohl MRSA-Keime als auch ESBL-bildende Keime gefunden. Sogar auf Gemüse sind resistente Bakterien bereits zu finden. Über die Abluft der Ställe oder mit den Exkrementen gelangen sie auf die Felder, durch Abdrift in die Oberflächenwasser. Dieser Keimverbreitung gilt es Einhalt zu gebieten und die Resistenzbildung nicht noch durch den Einsatz letzter Reserveantibiotika anzufeuern.

Sicherlich ist die Reduktion des Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung nicht die einzige Notwendigkeit. Auch im Bereich der Humanmedizin ist ein sensiblerer Umgang mit dem Einsatz von Antibiotika notwendig. Die Landesregierung hat bereits 2015 einen interministeriellen Arbeitskreis gegründet, in dem die entsprechenden Fachleute, Ärzte und Tierärzte regelmäßig hinzu gezogen werden und in dem natürlich die Ergebnisse der Maßnahmen in der Human- und Tiermedizin ausgewertet werden. Hier wird im Sinne einer One-health-strategie zusammen gearbeitet. Die Hinzuziehung der Fraktionen aus dem niedersächsischen Landtag halten wir ehrlich gesagt für entbehrlich, deshalb, meine Damen und Herren von FDP teilen wir ihre Forderung nach einem weiteren „Runden Tisch Antibiotika“ nicht.

Die Landesregierung hat auch im Bereich der Humanmedizin bereits umfassend gehandelt, z. B. im Bereich der Verbraucheraufklärung durch die Broschüre „Kein Antibiotikum – warum?“, z. B. durch Fortbildungsangebote zur Antibiotikatherapie durch das Landesgesundheitsamt, z. B. durch den interdisziplinären Forschungsverbund niedersächsischer Hochschulen im Sinne der One-Health-Strategie.

Das Land Niedersachsen hat im Übrigen mit seiner Antibiotikastrategie im Nutztierbereich bereits deutliche Erfolge bei der Reduktion des Antibiotikaeinsatzes erreicht. Unser Ziel, den Antibiotikaeinsatz in 5 Jahren um die Hälfte zu reduzieren konnten wir bereits jetzt nahezu erfüllen. Der gemeinsame Einsatz von Landwirten, Tierärzten und Kontrolleuren zeigt, dass es machbar ist.

Dennoch ist bei der Begrenzung des Reserveantibiotika-Einsatzes noch viel zu tun, denn dieser ist gerade bei der bedeutendsten Gruppe der Fluorchinolone, nach wie vor viel zu hoch. Und deshalb, weil wir stringent Reserveantibiotika dem Menschen vorbehalten wollen, werden hier unseren Antrag beschließen.

Rede zum Tierschutzverbandsklagerecht

Rede von Miriam Staudte, Sprecherin für Atompolitik, Verbraucherschutz, Tierschutz, Jagdpolitik

Im Artikel 20a des Grundgesetzes steht seit 2002 – seit 15 Jahren – folgender Wortlaut: Der Staat schützt auch in Verantwortung für künftige Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere … durch Gesetzgebung, durch vorziehende Gewalt und durch … Rechtsprechung. Also durch alle 3 Gewalten.

Auch in Artikel 6b der Niedersächsischen Landesverfassung ist das Staatsziel Tierschutz verfassungsrechtlich verankert. Doch Papier ist geduldig – auch Papier, auf dem Verfassungen geschrieben werden – und daher beschließen wir heute das Gesetz über Mitwirkungs- und Klagerechte von Tierschutzorganisationen, damit insbesondere die Rahmenbedingungen für eine tierschutzgerechte Rechtsprechung verbessert werden können. Tiere selbst können nicht vor Gericht ziehen, daher sollen künftig in Niedersachsen Tierschutzorganisationen dies stellvertretend tun können. Und das ist ein wirklicher Meilenstein, Tierschützerinnen und Tierschützer mussten schon zu lange zusehen wie die Verfassung missachtet wurde, wie Behörden Anträge in Bezug auf Tierschutz durchgewunken haben, wohl wissend, dass sie immer nur von einer Seite verklagt werden können, von der des jeweiligen Antragstellers.

Denn bislang darf laut Verwaltungsrecht nur derjenige klagen, der nachweislich in seinen eigenen Rechten verletzt wird. Im Bereich des Tierschutzes dürfen damit nur die Tierhalter bzw. -nutzer klagen, wenn sie sich durch Tierschutzstandards beeinträchtigt fühlen. Insofern sind wir der Auffassung, dass auch schon diese Klageform der reinen Feststellungsklage eine disziplinierende Wirkung entfalten wird. Man kann es auch positiver ausdrücken: Das Tierschutzverbandsklagerecht stärkt den Genehmigungsbehörden den Rücken bei der Durchsetzung von Tierschutzbelangen.

Doch am besten ist es natürlich, wenn Klagen erst gar nicht notwendig werden: In tierschutzrelevanten Genehmigungsvorgängen wird es daher schon im Vorfeld ein Recht zur Mitwirkung und zur Stellungnahme geben. Zum Beispiel

  • bei bau- oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen von gewerblichen Tierställen,
  • bei Tierversuchen,
  • bei der Zucht von Tierversuchstieren,
  • bei Ausnahmen für Schlachten ohne Betäubung oder
  • bei der Haltung in Tierheimen.

So können das Fachwissen und das Engagement von Tierschutzorganisationen schon frühzeitig einfließen. Und das ist überfällig! Nicht jede Gruppe ist automatisch klageberechtigt. Wie in anderen Bereichen müssen die klageberechtigten Organisationen erst durch das zuständige Ministerium, hier das Landwirtschaftsministerium anerkannt worden sein. Sie müssen gemeinnützig sein, sie müssen rechtsfähig sein, sie müssen ihren Sitz in Niedersachsen haben und schon seit 3 Jahren bestehen. Von ihrer Ausstattung her müssen sie auch in der Lage sein, ihre Aufgabe zu erfüllen.

Das Ganze ist kein völliges Neuland: Denn auch Umweltverbände haben das Recht, bei naturschädigenden Vorhaben Klage zu erheben. Da ist es nur folgerichtig eine gleichartige Klagebefugnis für anerkannte Tierschutzorganisationen einzuführen, denn nur allzu oft bleiben die Belange der Tiere bei wirtschaftlichen Interessen auf der Strecke. Auch wenn Feststellungsklagen sich nur auf den Einzelfall richten und damit nichts generell an den Standards in der Tierhaltung ändern, können richterliche Entscheidungen – gerade solche der 2. und 3. Instanz – eine große Signalwirkung entfachen. Durch diesen Präzedenz-Charakter können Klagen zu Veränderungen in tierschutzrelevanten Verordnungen führen und dadurch eine große Breitenwirkung entfachen.

Niedersachsen ist das 8. Bundesland, das die Tierschutzverbandsklage einführt und damit eine rechtliche, aber auch demokratische Lücke schließt. Vor 9 Jahren wurde die erste Tierschutzverbandsklage in Bremen eingeführt und die Erfahrungen sind gut. Klagen sind teuer, das wissen auch die finanziell nicht besonders gut ausgestatteten Tierschutzorganisationen. Diese werden sich daher sehr gut überlegen, ob und wofür sie zu Felde ziehen. Wir haben mit der Feststellungsklage zwar nur die schwächste der 3 Klageformen in dem vorliegenden Gesetzesentwurf implementieren können. Wenn es nach uns GRÜNEN gegangen wäre, stünde in dem Entwurf auch die Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage – so wie in 5 der 8 anderen Bundesländern. Aber an diesem Ziel werden wir weiterarbeiten, bis alle Klagearten etabliert sind, auch in Niedersachsen.

Dennoch ist die Feststellungsklage kein stumpfes Schwert, wie auch die Albert-Schweitzer-Stiftung für Tierrechte befindet. Denn immerhin müssen die Behörden bei einer Feststellungsklage prüfen, ob die Belange des Genehmigungsinhabers höher wiegen als das Rücknahmeinteresse der Behörde, denn Behörden sind dazu verpflichtet, auf die Rechtskonformität von Gerichtsurteilen hinzuwirken. Das trifft auch auf Feststellungsurteile zu. Aus unserer Sicht ist die Feststellungsklage dennoch zunächst einmal ein Einstieg in das Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände.

Im Übrigen hätte es aus unserer Sicht auch nicht geschadet, Zoos in diese Liste mit aufzunehmen. Tierschutz ist vielen Menschen ein wichtiges Anliegen. Wir sollten unseren Teil dazu beitragen!

Anmerkung Eike Harden: Die Stadt Winsen hat sich geweigert, einer Petition gegen die Haltung von Wildtieren in Zirkussen zuzustimmen – aus Angst, die Zirkusse könnten erfolgreich darauf klagen, die geforderte Bestimmung (Verbot der Nutzung städtischer Flächen) zurückzunehmen! Die Richter in Lüneburg hätten oft in diesem Sinne entschieden. Warten wir einmal ab, ob die Tierschutzverbände in Niedersachsen jetzt eine Verbesserung der Situation erreichen. Dann sollte man im Sinne der Petition ein weiteres Mal abstimmen lassen.

Hinweis auf eine Pressemitteilung anlässlich des Weltwassertags

Diese Pressemitteilung haben wir bereits auf unserer Website veröffentlicht.

Wir haben's GlyphoSatt!

Pressemitteilung der niedersächsischen GRÜNEN

GRÜNE fordern zur Agrarministerkonferenz:

  • Rolle von Monsanto bei den Studien rasch aufklären
  • Glyphosat neu und industrieunabhängig bewerten
  • Glyphosat verbieten

Die Gefahren von Glyphosat müssen endlich ernstgenommen werden. Es darf keine weiteren Neuzulassungen des gesundheitsschädigenden Pestizids geben, sagt Stefan Körner, Landesvorsitzender der niedersächsischen GRÜNEN. Die WHO hat den Unkrautvernichter Glyphosat bereits als möglicherweise krebserregend und erbgutverändernd eingestuft. Wenn der US-Agrarkonzern Monsanto jetzt versucht hat, Wissenschaftler zu instrumentalisieren, um Studienergebnisse in seinem Sinne zu beeinflussen, ist das ein Skandal und muss schnellstmöglich aufgeklärt werden, fordert Körner.

Dass die Agrarlobby auf Grundlage dieser mutmaßlich manipulierten Studien das europaweite Verbot mit Unterstützung der Bundesregierung blockiert, sei unverantwortlich.

Das wollen wir verhindern, denn es steht viel auf dem Spiel: Glyphosat gefährdet unsere Böden, die biologische Vielfalt und die menschliche Gesundheit

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Die aktuellen Berichte machen auch klar, dass das derzeitige Verfahren der Risikobewertung von Pestiziden und anderen Stoffen auf neue Füße gestellt werden muss. Die Studien zur Risikobewertung müssen neu und unabhängig von den Konzernen organisiert werden, beispielsweise über eine staatliche Behörde. Unabhängige Institutionen könnten sich dann darum bewerben, fordert Körner.