Pressemitteilung vom 14.10.2024:
„Höhere Steuereinnahmen retten Finanzen für 2023, doch für 2025 droht ein Negativ-Rekord“, so fasst der Winsener Anzeiger die Finanzsituation der Stadt Winsen zusammen, wie sie jetzt im Wirtschaftsausschuss präsentiert wurde. Nur vier Tage später lautet die Titelstory „Winsen kauft Stallbaums Gasthaus.“
Das Gebäude, das seit Jahren leer steht, wird seit gut einem Jahr durch einen Makler zum Verkauf angeboten – bisher erfolglos. Das erstaunt nicht, denn die Immobilie ist in einem Zustand, der jede weitere Nutzung ausschließt. Die Lokalpresse berichtete mehrfach über das Verkaufsangebot und nannte auch einen Preis: 950000 Euro. Dazu kommen dann noch die Grunderwerbssteuer und eine saftige Maklergebühr im mittleren fünfstelligen Bereich – und das für eine Immobilie, die in keiner Weise genutzt werden kann und bei der nur der Giebel besticht? Kein Wunder, dass sich bisher kein Käufer fand.
Das soll sich nun ändern. Den Kauf des Anwesens beschloss der Stadtrat mehrheitlich auf der letzten Sitzung – die Presse berichtete darüber. Das im Vorwege von der Stadtverwaltung in Auftrag gegebene Wertgutachten kommt zu dem Schluss, dass das Gebäude selbst keinen Wert mehr hat, sondern nur noch das Grundstück.
Aus Sicht der Grünen stellen sich zwei Fragen: Warum will die Stadt das Grundstück kaufen? Und: Stimmt der Preis?
Die offizielle Erklärung der Stadt: Wir wollen das Grundstück so bald wie möglich weiter verkaufen. Aber: Warum sollte sich bald ein Interessent finden, nachdem es bisher niemanden gab, der bereit ist, das Grundstück zu kaufen?
Warum sollte die Stadt – also letztlich wir alle – in die Verantwortung für dieses Grundstück eintreten? Zumal jedwede Nutzung aufgrund des baulichen Zustandes ausgeschlossen ist. Wenn die Stadt den Kauf tätigt, dann ist sie dafür verantwortlich, das Grundstück in Ordnung zu bringen und zu erhalten.
Erhard Schäfer sieht den gesamten Plan kritisch, da für die öffentliche Hand laut Gesetz ein gemeinwohlorientierter Zweck Voraussetzung für den Erwerb von Vermögen ist und ergänzt: „ Die Aussicht Stallbaums Gasthaus ohne Verlust zu veräußern, sofern sich überhaupt jemals ein Käufer findet, geht gegen Null.“
Auch, weil das Wertgutachten, das die Stadt beauftragt hat, einen Rechenfehler enthält. Laut Bodenrichtwertkarte, die man öffentlich im Internet einsehen kann, liegt das Grundstück in zwei Zonen. Eine hat den Wert von 1300 Euro/m2, die andere etwa gleich große den Wert 1100 Euro. Der Gutachter hat aber nicht den mittleren, sondern den höheren Wert zugrunde gelegt, was den Kaufpreis des Grundstücks nicht unerheblich steigert.
Wenn sich also kein Käufer findet? Dann lässt sich spekulieren, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt bestimmt ein Zweck finden lässt, das Grundstück selbst zu nutzen. Ist nicht der Neubau der Bibliothek ausgesetzt und möchte das Museum nicht expandieren?
Die GRÜNE Ratsfraktion verweist darauf, dass die Stadt ihre öffentlichen Aufgaben in vollem Umfang wahrnehmen muss und ihre Finger von rein privatwirtschaftlichen Grundstücksgeschäften lassen sollte: „Wir erinnern den Bürgermeister in diesem Zusammenhang daran, dass er sich zwei Tage vor dem Ratsbeschluss, Stallbaums Gasthaus zu kaufen, in der Presse zur angespannten Haushaltslage der Stadt äußerte und verkündete, dass notwendige Sanierungsmaßnahmen in der Schule Ilmer Barg und der Neubau der Kita in Luhdorf verschoben werden müssten. Für Stallbaums Gasthaus ist das Geld da und für die Schule und die Kita nicht? Aufregende Haushaltsberatungen stehen vor uns.“