Wirksamen Klimaschutz gibt es nur mit sauberer Energie – und die gibt es nur mit Wind und Sonne. Beides liefert die Natur im Überfluss. Wir müssen nur zugreifen. Zur Jahrtausendwende hat Deutschland das getan und wurde so zum Geburtsland der Energiewende. Mit der sauberen Energie entstand ein neuer Industriezweig mit neuen Unternehmen und Abertausenden von neuen Arbeitsplätzen. Was als Erfolgsgeschichte und als Exportschlager begann wurde bald nach dem Regierungswechsel 2005 ausgebremst und Deutschland wurde beim Ausbau der erneuerbaren Energien Mittelmaß – begleitet von Firmenpleiten und dem Verlust von Arbeitsplätzen in diesem jungen Industriezweig. Seither hinken wir der Entwicklung hinterher und allen ist klar, dass wir die 1,5 Grad-Marke bei der Erderwärmung massiv überschreiten werden, wenn wir so weiter machen. Zum Vergleich: Wir bräuchten bei den erneuerbaren Energien einen jährlichen Zuwachs von 15- 20 Gigawatt, um im Zielkorridor der UN-Klimaschutzvereinbarung und des gerade verabschiedeten EU-Klimaschutzgesetzes zu sein. Wir schafften im vergangenen Jahr mal etwas über 6 Gigawatt. Damit einher gehend müssen wir massiv CO2 einsparen. Bis 2030 müssen wir 65 % des Referenzwertes von 1990 schaffen. Es muss also ein gewaltiger Ruck durch Politik und Gesellschaft gehen, damit wir auf diesem Weg ein gutes Stück vorankommen. Die Politik muss ähnlich wie zur Jahrtausendwende – als Rotgrün mit dem Erneuerbare Energien-Gesetz international Maßstäbe setzte – neue Rahmenbedingungen für die Energiewende und den Klimaschutz schaffen.
Das heißt aber nicht Hoffen und Abwarten auf neue Mehrheiten nach der anstehenden Bundestagswahl. Ganz konkrete und wirksame Schritte sind auch jetzt schon möglich. So haben die Gemeinden mit dem Planungsrecht einen wirksamen Hebel in der Hand, um die erneuerbare Energie entscheidend voran zu bringen. Sie nutzen ihn nur viel zu wenig. Das zeigt schon ein kurzer Blick auf die Baugebiete, die in den letzten Jahren in und rund um Winsen entstanden sind. Fotovoltaik-Anlagen sieht man kaum und eine konsequente Ausrichtung der Gebäude zur optimierten Nutzung der Sonnenenergie ist auch eher selten. Das wollen wir mit dem nachfolgenden Antrag ändern. Das Baugesetzbuch gibt uns das Recht in Bebauungsplänen die Hälfte der Dachfläche für Solarenergie ( Fotovoltaik einschließlich Solarthermie ) vorzugeben. Bauherren müssen dafür nicht unbedingt selbst in die Tasche greifen. Sie können diese Pflicht auch von Dritten erfüllen lassen. Energieunternehmer vor Ort wie z.B. die Stadtwerke werden das gern übernehmen.
Die Bebauungsplanung gibt den Gemeinden aber auch noch weitere Möglichkeiten für den Klimaschutz in die Hand. So können sie neben der Festsetzung zur solaren Energieerzeugung auf den Dächern auch dafür sorgen, dass durch höhere als die bisher gesetzlich vorgeschriebenen Dämmstandards bei Neubauten mehr Energie eingespart wird – und zwar über Verträge mit den Grundeigentümern. Es ist also jetzt schon möglich mit Bebauungsplänen sowohl die Energieerzeugung als auch die Energieeinsparung wirksam voran zu bringen.
Das wollen wir mit dem folgenden Antrag erreichen, der bei jeder Planung von neuen Baugebieten gestellt werden kann. Dr. Erhard Schäfer hat den Antrag formuliert und für den Winsener Stadtrat gestellt.
Antrag
zur Sitzung des Planungsausschusses am 6.5.2021,
des VA am 1.7.2021 und des Rates am 15.7.2021
Maßnahmen für mehr Klimaschutz in der Bebauungsplanung
Bei der Planung von neuen Baugebieten können die Gemeinden durch Festsetzungen in den Bebauungsplänen sowie durch vertragliche Regelungen einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das betrifft insbesondere die Erzeugung und den Verbrauch von Energie. Wenn der Zielpfad beim Treibhausgasausstoß im Klimaschutzplan 2050 realistisch bleiben soll, sind gerade bei der Planung von Neubauten weitreichende Maßnahmen erforderlich. Die bloße Erfüllung gesetzlicher Vorgaben ( s. Gebäudeenergiegesetz 2020 ) bei der Planung und Genehmigung von Neubauten wird nicht ausreichen, um die derzeitige CO2 -Erzeugung von 9 to /EW / Jahr auf die Zielmarke von 2,5 to / EW / Jahr zu reduzieren. Es bedarf darüber hinaus gehender Maßnahmen, um in den Zielkorridor des UN-Klimaschutzplans zu kommen.
Daher beantragen wir als Beitrag zum Klimaschutz in der Bebauungsplanung:
- In allen in der Aufstellung befindlichen und künftigen B-Plänen für Wohn- und Gewerbegebiete sind gem. § 9 Abs. 1 Nr. 23 b BauGB die nutzbaren Dachflächen der Gebäude und baulichen Anlagen innerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen zu mindestens 50 % mit Photovoltaikmodulen zur Nutzung der einfallenden solaren Strahlungsenergie auszustatten (Solarmindestfläche). Werden auf einem Dach Solarwärmekollektoren installiert, so kann die hiervon beanspruchte Fläche auf die zu realisierende Solarmindestfläche angerechnet werden. Die Ausrichtung der Gebäude und die Dachflächen werden so geplant, dass die Sonnenenergie optimal genutzt werden kann.
- Die Stadt verfolgt auf vertraglichem Weg ( städtebaulicher Vertrag bzw. privatrechtlicher Vertrag im Fall der Vergabe städtischer Grundstücke ) das Ziel, dass ein höherer Dämmstandard als gesetzlich vorgegeben ( Passivhaus ) vereinbart wird, um neben der Erzeugung von Energie auch durch ihre vermehrte Einsparung mehr Klimaschutz zu erreichen.