Klimaschutz konkret

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Ausschussvorsitzender,
sehr geehrte Ratsmitglieder,

Klimaschutz, Klimawandel, Klimakrise – wie man es auch benennt – ist in der Öffentlichkeit ein sehr emotional besetztes Thema. Emotionen alleine sind jedoch kein guter Ratgeber, um zukunftsfähige Entscheidungen zu treffen. Mit diesem Antrag wollen wir als Gruppe Grüne/Linke einen Beitrag zur Versachlichung leisten und Entscheidungsprozesse so verändern, dass Klimaschutz den seiner Bedeutung gebührenden Zugang im Abwägungsprozess zukünftiger Entscheidungen der Stadt Winsen auf Basis konkreter Fakten bekommt.  

Was sind die Fakten zum Thema Klima?

  • Unstrittig ist die wissenschaftliche Erkenntnis, dass im Bereich Klima Veränderungen stattfinden, die im Wesentlichen von unserem Ausstoß von Treibhausgasen (CO², Methan usw.) verursacht werden. 
  • Der CO2-Gehalt der Atmosphäre ist insbesondere in den letzten 70 Jahren über die bisher bekannten Grenzen hinaus stark angestiegen:
    CO2-Konzentration der letzten 420.000 Jahre, rekonstruiert aus dem Vostok-Eisbohrkern:

Bild: (kya: 1 = vor 1000 Jahren, 100 = vor 100.000 Jahren),  das Maximum der CO2-Konzentration liegt unterhalb 300ppm

Bild: Keeling-Kurve, Entwicklung der mittleren globalen CO2-Konzentration seit 1958 mit einem Anstieg auf 400ppm

  • Die Atmosphäre der Erde hat die physikalische Eigenschaft, dass das Sonnenlicht (im Wesentlichen ein Spektrum kurzwelliger Strahlung) sie mehr oder weniger gut durchdringen kann und als Resultat die Erde erwärmt. Die Wärme wird von der Erde in Form von langwelliger Infrarotstrahlung teilweise wieder abgegeben. Der sogenannte Treibhaus-Effekt beruht darauf, dass die langwellige Infrarotstrahlung von der Atmosphäre wieder zur Erde zurückgeworfen wird, das System „Erde“ also nicht verlassen kann. Dieser Effekt nimmt mit steigendem CO2-Gehalt der Atmosphäre zu und führt als Resultat zur Temperaturerhöhung.
  • Die wissenschaftlichen Klimamodelle, die in der Vergangenheit oft nur ungenaue Prognosen auf Basis unvollkommener Rechenmodelle und zu weniger Daten ermöglichten, sind mittlerweile so ausgereift, dass die Grenzen der Belastbarkeit des Systems „Erde“ mit hoher wissenschaftlicher Zuverlässigkeit bestimmt werden können. Diese Erkenntnisse sind 2015 im Pariser Klimaabkommen international anerkannt worden.
  • Die Folge daraus ist, dass bis 2050 auch in Deutschland die CO2-Emissionen um 95%  reduziert werden müssen.

Bildquelle: Umweltbundesamt

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

In Deutschland und auch in Winsen wurde in der Vergangenheit einiges unternommen, um die CO2-Emissionen zu verringern. Dennoch sind die selbst gesteckten, notwendigen Zwischenziele (2020 – Reduktion um 40% gegenüber 1990) deutlich verfehlt worden. Wir haben in den 30 Jahren von 1990 bis jetzt gerade ein Drittel (das leichtere Drittel) des Weges geschafft und müssen in den verbleibenden 30 Jahren bis 2050 die restlichen zwei Drittel bewältigen. Das ist eine Aufgabe mit gewaltigen Dimensionen. Mit einem  „weiter so wie bisher“ scheitern wir an dieser Aufgabe.

Um zukünftig bei der Reduzierung der CO2-Emissionen effektiver und wirksamer zu sein, müssen wir bei allen relevanten Entscheidungen die CO2-Emission bei den Abwägungsprozessen zur Entscheidungsfindung berücksichtigen. Bisher wurden Entscheidungen im Wesentlichen an Hand von Kennziffern wie Kosten, Arbeitsplätze, Steuereinnahmen und Etat getroffen. Dieses sind wichtige Faktoren, aber wir müssen sie um den gleichwertigen, objektiv ermittelten Faktor „CO2-Emission“ ergänzen, um zukunftsfähige und gleichzeitig klimafreundliche Entscheidungen treffen zu können.

Wir beantragen deshalb

  1. Die Verwaltungsvorlagen zu Anträgen werden ab 2020 so ausgearbeitet, dass nicht nur die Auswirkungen auf den Haushalt beziffert werden, sondern auch die mit den Entscheidungen verbundenen CO2-Emissionen, die mittelbar oder unmittelbar über den gesamten Zeitraum der Tragweite der jeweiligen Entscheidung entstehen, nachvollziehbar benannt werden.
  2. Die Verwaltung wird im Bereich Klimaschutz organisatorisch, personell und finanziell so ausgestattet, dass die unter Punkt 1 beantragten Anforderungen zu bewältigen sind.

Gez.

Norbert Benthack